Die Energiewende ist eine zentrale Aufgabe unserer Zeit. Doch der Ausbau der notwendigen Infrastruktur birgt Konfliktpotential mit dem Schutz unserer wertvollen Naturlandschaft. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die geplante Verlegung eines Erdkabels, die sogenannte A-Nord-Trasse, durch die Firma Amprion, das auf seiner 300 Kilometer langen Strecke von Emden bis ins Rheinland auch den Kreis Borken durchquert (73 km von Heek bis Bocholt).
Die Position des NABU
Grundsätzlich begrüßt der NABU die Verlegung von Erdkabeln als eine landschaftsschonendere Alternative zu Hochspannungsleitungen. Dennoch sehen wir kritische Punkte, insbesondere wenn die Trasse Naturschutzgebiete und geschützte Landschaftsbestandteile berührt. Amprion betont zwar seine Bemühungen um umweltverträgliche Trassenverläufe, doch die Komplexität des Vorhabens und der Umfang der Umweltberichte (allein 600 Seiten!) erschweren eine umfassende ehrenamtliche Überprüfung und frühzeitige Einbringung.
Das Problem der Falschkartierungen
Im Rahmen unserer Überprüfung stellten wir jedoch erhebliche Falschkartierungen durch Amprion bzw. das beauftragte Büro Lange fest. Geschützte Landschaftsbestandteile wie über 100 Meter lange Wallhecken und Alleen wurden fälschlicherweise als kleinere Feldgehölze kategorisiert. Dies hat gravierende Folgen, da für die Beeinträchtigung dieser geschützten Bereiche eine Befreiung durch die Untere Naturschutzbehörde (UNB) erforderlich ist. Betroffen sind über 80 dieser wertvollen Elemente, die Amprion bis auf eine Ausnahme offen queren will. Dies würde die Rodung der Wallhecken und Alleen, das Aufgraben der Flächen für die anschließende Verlegung der Erdkabel bedeuten. Eine mögliche Wiederbepflanzung wäre lediglich mit niedrigwurzelnden Sträuchern vorgesehen.
Unser Engagement und die Reaktion der Behörden
Bereits im Oktober haben wir diese Fehlkartierungen an die Bundesnetzagentur, Amprion, die UNB und Wald und Holz gemeldet. Die Fehler wurden eingeräumt: 11 geschützte Landschaftsbestandteile und 4 als Wald zu definierende Bereiche waren falsch erfasst. Infolgedessen fanden zahlreiche mehrstündige Zoomkonferenzen und zwei Ortstermine statt, begleitet von unzähligen Telefonaten und E-Mails. Unser Ziel als NABU war es, die besonders wertvollen geschützten Landschaftsbestandteile zumindest abschnittsweise durch Untertunnelung zu erhalten.
Enttäuschung über fehlende Unterstützung
Leider erhielten wir insbesondere vom amtlichen Naturschutz (UNB und Wald und Holz) keine ausreichende naturschutzrechtliche Unterstützung. Das vorhandene Ermessen wurde unserer Ansicht nach gegen den Naturschutz eingesetzt, um höhere Kosten und Zeitverzögerung zu vermeiden. Dies ist für uns eine große Enttäuschung, da der Natur- und Artenschutz im Kontext der Energiewende scheinbar keine Priorität genießt und unsere Landschaft weiter beeinträchtigt wird. Die Bundeskompensationsverordnung betont eindeutig die Vermeidung vor Kompensation. Die einfache Erteilung von naturschutzrechtlichen Befreiungen trägt zur weiteren naturfachlichen Verarmung unseres westlichen Münsterlandes bei.
Öffentlichkeitsarbeit und erste Erfolge
Um auf diese Situation aufmerksam zu machen, haben wir den WDR und die Lokalpresse informiert, die beide ausführlich berichteten. Dies trug dazu bei, dass mit Amprion zumindest eine Verlegung zum Schutz einer über 200-jährigen Eiche und eine angepasste Bepflanzung der Wallhecken mit niedrigem Baumbestand sowie eine Teilverlängerung erreicht werden konnte.
Fazit
Dieser Fall zeigt deutlich, dass der Einsatz für den Naturschutz im Angesicht übermächtiger Interessen ein mühsamer Kampf ist. Ohne unser Engagement wären jedoch noch größere Verluste und geringere Kompensationsmaßnahmen die Folge gewesen. Wir werden uns weiterhin für den Schutz unserer wertvollen Naturlandschaft im Rahmen der Energiewende einsetzen.
Autor: Martin Frenk