Der erste Arbeitseinsatz im Neuen Jahr führte das NABU-Arbeitsteam an diesem zweiten Samstag 2023 in großer Zahl ins Ruenberger Venn.
Dieses Venn im Dreiländereck bei Gronau und dem gleichnamigen Dreiländersee an der Grenze zu den Niederlanden und Niedersachsen gelegen, ist ein Natura 2000- und FFH-Gebiet und Teil eines europäischen Netzwerkes von Schutzgebieten. Hier existieren Feuchtheiden, Hochmoorreste und Bruchwälder als wichtiger Lebensraum für Wiesen- und Watvögel. Das Kürzel FFH kennzeichnet Gebiete, die nach der gleichnamigen Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union als schützenswert eingestuft werden. Ziel ist es, Fauna, Flora und Habitat zu sichern, das heißt, wildlebende Tiere und Pflanzen sowie deren natürliche Lebensräume zu erhalten.
Der NABU-Einsatz erfolgte an zwei Orten in unmittelbarer Nähe des Dreiländersees.
Zum einem wurden am „Gagelteich“ seltene Gagelsträucher von unliebsamen und verdrängenden Konkurrenten, wie Birke und Erle befreit . Hierzu rückten NABU Helfer*innen mit Schere und Axt an und entkusselten auf diese Weise diese einmalige Gagelbiotop im Kreis Borken. Der zweite Pflegeeinsatz fand direkt in einer NSG Zone am Seeufer statt: auf einer Halbinsel im See für die Öffentlichkeit gesperrt und als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Nur wenige Schritte entfernt von den ausgebauten Rundwegen ist der Zugang, der wirkungsvoll durch dichtes Gestrüpp abgeschirmt ist. Hier findet die Natur einen kleinen isolierten geschützten Raum. Dieser ist im Winter ein temporäres Quartier für Bekassinen und Zwergschnepfen, im Sommer sonnt sich hier die Kreuzotter.
Ca. 20 Teilnehmer*innen des NABU leisteten an diesem Samstag einen Vormittag lang mit Schere und Säge, Axt und Freischneider Pflegearbeit und entkusselten hier unerwünschte Birken, Erlen und Kiefern.
Am Ende des Morgens war eine beachtlich große Fläche von solchen Schösslingen befreit. Sonnentau, Glocken- und Besenheide, Bärlapp und Co finden nun bessere Lebensbedingungen.
An diesem schützenswerten Naturort wächst der höchst seltene Lungenenzian, der im Kreis Borken sonst so gut wie nirgendwo mehr vorkommt. Bedingt hierdurch existiert hier ein rares Vorkommen des Lungenenzian-Ameisenbläulings, ein Schmetterling. Die jungen Raupen des Lungenenzian-Ameisenbläulings leben monophag, das heißt fast ausschließlich vom Lungen-Enzian. Ältere Raupen werden von den Knotenameisen (der Gattung Myrmica) in ihre Nester geschleppt. Die Knotenameisen lieben Zuckersaft und Pheromone des Lungenzians und beköstigen die Raupen des Lungenenzian-Ameisenbläulings bis zu deren Verpuppung gleich mit. „Man kann hier von einem Brutparasitismus sprechen, ähnlich wie beim Kuckuck“. Diese einzigartige Wechselbeziehung zwischen verschiedenen Arten von Lebewesen gilt es mit Pflegeeinsätzen weiterhin zu schützen, z. B. durch eine europaweite Vernetzung solcher Lebensräume. Das bedeutet: Ein FFH Netzwerk soll so dicht sein, dass Tiere von einem Gebiet ins andere wandern und sich seltene Arten wieder weiter ausbreiten.
Die Pflegeeinsätze des NABU werden von einer sehr aktiven Gruppe älterer und jüngerer Menschen, Berufstätigen und Rentner*nnen, Schüler*nnen und Studierenden gemacht. Die Helfer*nnen kommen aus dem gesamten Kreisgebiet und nehmen auch weite Fahrten in Kauf, um Naturschutz aktiv zu gestalten. Die Arbeit macht Spaß, es ist ein naturnahes Workout, das manchmal auch zu Muskelkater führt. Die sinnhafte und gemeinsame Arbeit in den landschaftlich reizvollen Naturgebieten führt dazu, dass nicht nur am Wochenende auch in der Woche sich hilfsbereite Naturbegeisterte treffen und diese wichtigen und dringend nötigen Pflegemaßnahmen übernehmen. Alle Mitarbeit erfolgt freiwillig und nach individueller Möglichkeit. Es gibt immer Kaffee und Brötchen und nette Menschen.
Diese Pflegemaßnahme erfolgte in Absprache und Koordination mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Borken.
Mach Du doch auch mit. Wir brauchen dich.
Rolf Souilljee ist Leiter der Pflegeeinsätze und informiert gern. Tel 02871 184916.
Fotos und Text: Norbert Osterholt