Das Jakobskreuzkraut schmeckt bitter und wird von Tieren auf der Weide verschmäht. Foto: Christian Fischer [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e7/SenecioJacobaeaJacobaea.jpg

Der NABU-Kreisverband Borken e.V. warnt davor, das Auftreten des Jakobskreuzkrautes zur Panikmache zu nutzen und in blindem Aktionismus flächendeckende Mäharbeiten vorzunehmen. Zweifelsohne ist das Jakobskreuzkraut giftig und kann, in größeren Mengen (!) gefressen, auch zum Tod führen. Dabei ist die Empfindlichkeit von Pferden am höchsten, von Schafen und Ziegen am geringsten. Doch Weidetiere verschmähen das Kreuzkraut weitgehend. Wer selbst einmal ein Blatt der Pflanze durchkaut, versteht den Grund: Die enthaltenen Bitterstoffe schmecken abscheulich. Insgesamt gibt es in Mitteleuropa aber etwa 50 giftige Pflanzenfamilien mit zahlreichen Vertretern, die allgemein Mensch und Tier in unterschiedlichem Maße mit ihren Inhaltsstoffen beeinträchtigen können.

Giftstoffe im Pflanzen- und Tierreich sind normal

Das Vorhandensein von Giftstoffen ist also im Pflanzen- wie auch Tierreich allgemein nicht ungewöhnlich, nur wir naturentfremdeten Menschen haben uns vom Umgang mit den alltäglichen Gefahren so weit entfernt, dass wir beim Auftreten einer giftigen Pflanze sogleich in Panik geraten. Die jeweilige Reaktion eines Organismus auf giftige Substanzen hängt dabei immer von der Menge des Giftstoffes, der Konstitution des Individuums und teilweise auch von seiner genetischen Veranlagung ab. Allgemein warnen Pflanzen und Tiere jedoch öfter durch auffällige Färbung oder unangenehmen Geschmack vor den vor allem zur Fraßvermeidung eingesetzten giftigen Substanzen.

Angesichts einer immer artenärmeren Umgebung mit all ihren negativen Folgen (Insektensterben, allgemeiner Rückgang der Biodiversität etc.) darf das Auftreten des Jakobkreuzkrautes nun nicht dazu führen, dass Wildwiesen nun großflächig abgemäht werden. Schließlich wachsen bspw. auch verschiedene Distelarten zwischen den anderen Wildkräutern und diese dienen diversen Schmetterlingen und auch verschiedenen Singvögeln als unverzichtbare Nahrungsquelle. Auch das Jakobskreuzkraut ist für verschiedenen Insekten eine wichtige Nahrungspflanze; so sind insgesamt vier Flohkäferarten auf dem Wildkraut nachgewiesen worden!

Insgesamt sind gemessen an der seit Jahrzehnten hohen Zahl an Weidetieren, die auf auch mit Jakobskreuzkraut bestandenen Flächen gehalten wurden und werden, selbst die Verdachtsfälle einer Vergiftung mit in der Pflanze enthaltenen Pyrrolizidinalkaloiden (PA) verschwindend gering. Gesicherte toxikologische Nachweise von Pferd, Rind oder Schaf liegen derzeit für Schleswig-Holstein nicht vor. Auch Menschen sind durch angeblich verseuchten Honig nicht zu Schaden gekommen (Quelle: NABU Schleswig-Holstein).

Nachtrag aufgrund der vielen bösen Kommentare gegen uns

Unser Artikel zum Jakobskreuzkraut hat in den sozialen Medien eine große Resonanz gefunden. Wir werden beschuldigt, Tiere und Menschen vergiften zu wollen, wir werden beschuldigt Jakobskreuzkraut-Samen in Samentüten, die wir auf diversen Veranstaltungen verteilt haben, gepackt zu haben, wir werden beleidigt und als Hetzer diffamiert. Der Umgang mit dem Thema Jakobskreuzkraut verläuft seit einigen Jahren sehr kontovers. Jakobskreuzkraut kann verzehrt zu Vergiftungen bei Menschen und Tieren führen. Wie bereits im Artikel beschrieben, sind dafür die Pyrrolizidinalkaloide (PA) verantwortlich. Diese stehen im Verdacht, kanzerogen, d.h. krebserregend zu wirken, wenn sie über einen langen Zeitraum vom Organismus aufgenommen werden. In den menschlichen Körper können sie gelangen, wenn sie beispielsweise in Teemischungen landen.

Tiere sind vor allem dann betroffen, wenn sie Heu zu fressen bekommen, das Jakobskreuzkraut enthält. Auf der Weide stehend wird es von Tieren als giftig erkannt und nicht gefressen. Es ist also wichtig, Nahrungsmittel vor der Weiterverarbeitung darauf zu untersuchen, ob sie mit Jakobskreuzkraut verunreinigt sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Jakobskreuzkraut komplett aus der Umwelt entfernt werden muss. Denn es ist eine einheimische Pflanze und bietet vielen Insekten einen wichtigen Lebensraum. Wir verstehen die Angst der Menschen, sich oder ihre Tierezu vergiften. Doch übertriebene Panik lehnen wir ab. Keine Kontroverse zu einem Thema, und sei sie auch noch so hitzig, rechtfertigt es, Menschen zu beleidigen, sie zu hetzen oder sie der Hetze zubeschuldigen. Wir bleiben sachlich, halten uns an Fakten und wir erwarten eine solche Sachlichkeit auch von allen, die sich an einer Diskussion zu dem Thema beteiligen wollen.

Übrigens: Im Durchschnitt sterben in Deutschland jedes Jahr knapp 45.000 Menschen vorzeitig an den gesundheitlichen Folgen von Feinstaub. Zudem sind im Jahr 2017 3.186 Menschen in Deutschland bei Verkehrsunfällen gestorben. Kaum jemand will deshalb Autos verbieten oder fährt öfter mal mit dem Rad zum Bäcker. Auch Nitrat im Wasser stellt eine Gefahr für Menschen dar. Wir als NABU kämpfen seit Jahren für die Reduzierung. Im Kreis Borken ist die Belastung besondershoch. Glyphosat, und weitere Gifte, gegen die wir ebenfalls seit Jahren kämpfen und bei dem zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass es krebserregend ist, ist sogar in unserem Bier und sogar in der Muttermilch nachweisbar. All diese Gefahren werden von einem Großteil der Bevölkerung jedoch hingenommen. Wo bleibt hier der große Aufschrei? Warum Jakobskreuzkraut so dämonisiert wird, die Verschmutzung und Vergiftung von Luft, Wasser und Böden jedoch fast klaglos hingenommen wird, erschließt sich uns ehrlich gesagt nicht. Das Ziel unserer Naturschutzarbeit ist es, auf Probleme hinzuweisen, sie zu benennen und Lösungswege aufzuzeigen, sachlich und faktisch richtig. Im Falle des Jakobskreuzkrauts ist es uns wichtig, der Bevölkerung zu zeigen, dass hier mit Augenmaß gehandelt werden muss und Aktionismus nicht der richtige Wege ist, um das Problem zu lösen.

Auf dieser Fläche in Bocholt-Biemenhorst wurde bereits gehandelt – ohne jedes Augenmaß. Die ehemals prächtig blühende Wiese mit Glockenblumen, Flockenblumen, Malven, Disteln, Schafgarbe, Rainfarn, Gräsern und Kräutern und –vereinzelt–Jakobskreuzkraut, wurde komplett gemäht. Damit wurden unzähligen Insekten eine Lebensgrundlage genommen – und das in Zeiten von massivem Insektenrückgang. Foto: NABU-Kreisverband Borken e. V.