Rund 50 Gäste folgten der Einladung des NABU, um sich aus Sicht der Naturschützer über die gravierenden ökologischen und klimatischen Auswirkungen der geplanten Erweiterung des Industrieparks um 43 Hektar (im ersten Ausbauschritt!) zu informieren. Foto: Klaus Ludwig

Nachlese zum Informationsabend des NABU-Kreisverbandes Borken e.V. zur geplanten Erweiterung des Industrieparks Bocholt-Mussum

Rund 50 Gäste folgten der Einladung des NABU, um sich aus Sicht der Naturschützer über die gravierenden ökologischen und klimatischen Auswirkungen der geplanten Erweiterung des Industrieparks um 43 Hektar (im ersten Ausbauschritt!) zu informieren. Auch die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, in dem durch drei alte Bauernhöfe geprägten Gebiet, wurden hinreichend beleuchtet.

Aus Sicht des NABU ist der Verlust von Lebensräumen die Hauptursache für den dramatischen Verlust an Artenvielfalt. Hinzu kommt, dass durch die Versiegelung von Flächen mit Asphalt und Beton der Klimawandel zusätzlich angeheizt wird. Die 43 überplanten Hektar sind derzeit noch ein Ort voller Leben. Ein Mischwald mit vielen über hundertjährigen Eichen, eine Reihe alter Pappeln als Hotspot für Insekten, eine Lindenallee, eine alte Streuobstwiese, solitär stehende Eichen (eine ist mehr als dreihundert Jahre alt und kerngesund!) sowie die Scheunen als Lebensräume für Schleiereulen und mindestens sechs Fledermausarten. Anhand dieser Aufzählung wird jedem Menschen klar, dass dort ein ökologisch wichtiges Gebiet ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste überplant wird. Der Hauptvortragende, Dipl.-Ing. Hans-Josef van Hüth, machte anhand einiger eindrucksvoller Fotos und mit seiner authentisch Art vorzutragen deutlich, welchen Verlust die Überplanung dieses Gebietes bedeutet. Aus dem Auditorium wurde zudem deutlich gemacht, dass das Fällen der Bäume und der Abriss der alten Höfe auch einen Verlust an Heimat und Identifikation bedeuten. Hier wird also nicht nur gegen die Natur gearbeitet, sondern auch gegen die Menschen, die dort leben.

Der NABU fragt sich, wie lange noch Heimat, alte Bäume, Lebensräume, die Artenvielfalt, das Klima … auf dem Altar des Wirtschaftswachstums geopfert werden sollen. Ist nicht der Erhalt der Lebensgrundlagen für kommende Generationen ein weitaus nachhaltigeres Ziel als das Schaffen von Arbeitsplätzen, die möglicherweise aufgrund des demografischen Wandels und des damit einhergehenden Fachkräftemangels überhaupt nicht besetzt werden können? Es kann aus Sicht des NABU jedenfalls nicht sein, dass die Konkurrenz benachbarter Kommunen um Gewerbetreibende zulasten der heimischen Natur ausgetragen wird! Hier wäre stattdessen eine kommunenübergreifende Absprache sinnvoll. Zudem regte der NABU an, dass sich in Bocholt ein interfraktioneller Arbeitskreis „Stadtökologie“ bilden solle, an dem sich neben Vertretern der Ratsfraktionen und der Verwaltung auch der NABU beteiligen möchte und muss. Dieses Ziel wurde auch von den anwesenden Ratsmitgliedern verschiedener Parteien deutlich unterstützt. Nur durch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann Bocholt sich den ökologischen Herausforderungen der Zukunft angemessen widmen. Wir stehen an einer ökologischen Zeitenwende, und wenn wir jetzt nicht eine Kehrtwende vollziehen, dann ist es bald zu spät. Insofern war der Infoabend auch deshalb ein Erfolg, weil der NABU deutlich gemacht hat, dass in ihm zahlreiche aufmerksame Bürgerinnen und Bürger organisiert sind, die sehr genau darauf achten, welche ökologischen Auswirkungen die Projekte in der Stadt haben!

Michael Kempkes, stellv. Vorsitzender des Kreisverbandes Borken