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Bocholt entfernt sich immer weiter von den selbst gesteckten Klima-Zielen

Als sich Bocholt 2008 um den Titel als Klimakommune bewarb, wurde das Ziel ausgegeben im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 1990 40% weniger CO2 zu produzieren. Fünf Jahre später, also 2013, wurde schon nur noch von einer Reduzierung um 20% gesprochen. Und heute? Im letzten Umweltausschuss im September ist den Ausschussmitgliedern mitgeteilt worden, dass in Bocholt der CO2-Ausstoß durch Kfz von 2011 bis 2019 um 28,33% zugenommen hat. Da diese erschreckende Zahl bislang der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sein dürfte, weisen wir als Naturschutzbund bewusst darauf hin, dass die Zunahme des klimaschädlichen Gases massive Konsequenzen nach sich ziehen muss. Der NABU fordert die Bocholter Kommunalpolitiker aller Parteien sowie die Verwaltung ausdrücklich dazu auf weitaus mehr Engagement bei der Entwicklung und zeitnahen Umsetzung von Maßnahmen zur drastischen Reduzierung klimaschädlicher Gase zu zeigen.

Bocholt ist offiziell Klimakommune. Doch wie sieht die Realität aus? Die Zunahme des klimaschädlichen CO2 dürfte auch auf die hohe Autoanzahl zurückzuführen sein. Die KfZ-Dichte Bocholts ist überdurchschnittlich hoch (664 Kfz / 1000 Einwohner, 31.12.2016 Quelle: Stadt Bocholt) und nimmt weiter zu. Von daher fordern wir in Bocholt die Verkehrswende hin zu einer massiven Förderung des Fahrradverkehrs durch folgende Maßnahmen:

– Umwidmung bestehender Straßen in Fahrradstraßen bzw. Fahrradwege
– mehr Platz für Radfahrer, indem den Autofahrern Platz genommen wird und das Autofahren unattraktiver wird
– Ampelschaltungen auf das Tempo der Radfahrer einstellen
– mehr Vorfahrtsregelungen zugunsten der Radfahrer
– mehr Einbahnstraßen, verkehrsberuhigte Straßen und die Ausweisung von
30 km/h-Zonen
– höhere Parkgebühren für Autos
– kein weiterer Straßenbau, d.h. auch Verzicht auf den Bau des
Nordrings!

Das Zukunftsnetz Mobilität NRW schreibt zur dringend notwendigen Verkehrswende Folgendes: “Die Mobilität ist im Umbruch. Die autoorientierte Verkehrs- und Stadtplanung der letzten Jahrzehnte stößt an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und ist nicht zukunftsfähig. Notwendig sind die Mobilitätswende und die Energiewende im Verkehrssektor. Die Zukunft der Mobilität ist multimodal, postfossil, digital und entfernungsarm. Zukünftig werden die Kommunen Vorreiter sein, die in nahräumliche Strukturen investieren, die vernetzte und effiziente Mobilitätsangebote entwickeln und bewerben“.

Stadtplanung kann nicht nur auf den Autofahrer zugeschnitten sein, so wie es derzeit in Bocholt erfolgt. Der Schutz der klimafreundlichen, allerdings schwächeren Verkehrsteilnehmer muss Priorität haben. Die Stadt muss den Menschen gehören, nicht dem Autofahrer. Das Auto verschlechtert die Lebensqualität aller Menschen. Es schadet dem Klima, es gefährdet schwächere Verkehrsteilnehmer, es verursacht Lärm und Lichtverschmutzungen und es gibt gesundheitsschädliches Mikroplastik ab. Setzt Bocholt weiterhin auf das Auto, wird Bocholt in Konkurrenz zu anderen Städten weiter abgehängt.

Bocholt hat seine einst ambitionierten Klimaziele völlig vernachlässigt. Neben einer Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs fordern wir zudem den Verzicht auf weitere, ebenfalls klimaschädliche Flächenversiegelungen. Wir fordern zudem die jährliche Bekanntgabe aller dennoch, d.h. wider besseren Wissens erfolgten Flächenversiegelungen in der Gesamtheit und in Relation zur Stadtgröße.

Ohne konsequentes Umdenken kann Bocholt nicht den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden. Dazu gehört die Verkehrswende und der Verzicht auf weitere Flächenversiegelungen.

Michael Kempkes, NABU-KV Borken e.V.

Christoph Paffrath, Sprecher NABU-Gruppe Bocholt