Zu einem NABU-Großeinsatz kam es an diesem Samstag in der Dingdener Heide. Geladen hatte die Stiftung Büngerner/Dingdener Heide, es ging um die Pflege einer großflächigen Heidelandschaft. Und es kamen fast 60 Helferinnen und Helfer aus dem Kreis Wesel und Kreis Borken. Damit war dieses Arbeitstreffen auch eine grenzübergreifende NABU und NAJU Aktion: Rheinländische und westfälische Naturschützer*nnen trafen sich dabei exakt auf der Landesgrenze.
Das zu pflegende Areal von etwa 10 Hektar Größe hat in den vergangenen Jahren wechselhafte Besitz- und Pachtverhältnisse erlebt. Vor 20 Jahren war es ursprünglich vom Land NRW gepachtet worden, um eine Heidelandschaft zu rekultivieren. Als erstes wurde damals ein Kiefernforst abgeholzt. Reste dieses Forstes rahmen die Heide noch heute. Die Biologische Station Wesel unternahm weiterhin erfolgreiche Versuche, den alten Heidegrund unter dem Forst wieder freizulegen und mit Heidemahd erneut zu beleben. Dabei stellte sich heraus, dass die alte Heidesaat noch erhalten war und sich selbst vitalisierte. Das Ergebnis kennen die Besucher der Dingdener Heide: eine wunderschöne weiträumige Heidelandschaft, wie es sie früher einmal gab, mit typischen Heideweihern, die zum Betrachten und Genießen einlädt. Das Areal wurde letztlich auch durch einen Zaun geschützt. Nach Ablauf des langjährigen Pachtvertrages kam es zu Veränderungen. Der Zaun wurde auf Wunsch des Besitzers entfernt und leider konnten auch die Pflegemaßnahmen nicht fortgesetzt werden. Endlich konnte das Land NRW das schützenswerte Terrain erwerben und die Bezirksregierung Münster nahm den Bereich federführend in Besitz. Die Stiftung Dingdener Heide wurde erneut mit der Pflege beauftragt.
Die wenigen Jahre der Nicht-Pflege durch Naturschützer*nnen reichten, um eine beachtlichen Wachstumsschub von Birken Kiefern auszulösen, so dass Schaf- und Ziegenbeweidung nicht mehr möglich ist. Die Weidetiere fressen nur junge Triebe bis zu einer gewissen Größe.
Heute kam es zu diesem sehr nötigen Arbeitseinsatz, an dem so viele naturbegeisterte Menschen teilnahmen. Auch kam es zu manchem erfreulichen Wiedersehen der Teilnehmer*nnen und es wurden viele alte NABU-Erinnerungen ausgetauscht. Thema war dann die lange Historie der Anlage und Pflege dieses einmaligen Naturschutzgebietes durch NAJU und NABU der Kreise und der Biologischen Station Wesel. Rolf Souilljee, der dieses NSG schon im Anfangsstadium betreute, erinnerte sich daran, dass die Naturschütz*nnen mit ihrem Anliegen einer Heide-Rekultivierung damals belächelt wurden. Letztlich entfaltete sich diese dann aber sensationell.
Erfreulicherweise waren heute viele jüngere und auch erstmals anwesende Helfer*nnen dabei. Die große Tatkraft so vieler Hände reichte für die Entkusselung enormer Birken- und Kiefernmengen, die dann vor Ort maschinell gehäckselt und entsorgt wurden. Michael Kempkes, der heute ebenfalls anwesend war, möchte an dieser Stelle Dank und Wertschätzung an alle Helfer*nnen und Aktive zum Ausdruck bringen: „Ich habe mich sehr gefreut, dass auch so viele junge Menschen mitgewirkt haben. Zudem war es eine Zusammenarbeit von Freunden aus dem NABU-Kreisverband Wesel und dem Kreisverband Borken. Aus unserem KV kamen die Menschen aus Isselburg, Ahaus, Vreden, Borken, Rhede und Bocholt. Das Zusammenwirken so vieler verantwortungsbewusster und engagierter Menschen unterschiedlichen Alters hat mich sehr gefreut. Und so möchte ich allen Aktiven von Herzen für ihr Engagement für unsere Natur danken! Dies bezieht sich wahrlich nicht nur auf den heutigen Arbeitseinsatz, sondern auch auf die gesamte zurückliegende Saison. Seit Oktober vergangenen Jahres machen sich Samstag für Samstag freiwillige NABU-Aktive auf, um in den Naturschutzgebieten des Kreises Borken Pflegeeinsätze zu absolvieren. Ganz herzlichen Dank! Ihr seid großartig!“
„Mehr als zufrieden“ mit dem „starken Einsatz“ zeigte sich auch Matthias Bussen, Vorsitzender der Stiftung Büngerner/Dingdener Heide und zählte begeistert die seltenen Arten auf, die durch dieses wertvolle Stück Natur eine geschützte Heimat haben. Denn es brüten hier Ziegenmelker und Waldohreule, es huschen Eidechsenarten über den sandigen Boden. Die hier wieder angesiedelten Laubfrösche konzertieren im Sommer, ebenso wie die Feldgrillen. Wo sonst in unserer Region kann man das noch hören? Matthias Bussens hegt die Hoffnung, dass dieses Naturschutzgebiet sich ähnlich gut entwickelt wie die nahe gelegene „Kleine Dingdener Heide“. Dann würde sich vielleicht auch die Schlingnatternpopulation vergrößern. Demnächst wird die Heidefläche wieder umzäunt und Schafe und Ziegen werden wieder weiden. Der Besucherweg bleibt aber zugänglich. Ein Zaun ist aber leider auch notwendig, da manche Besucher immer wieder geltende Regeln missachten und glauben, dass ein Naturschutzgebiet ein Hundefreilaufparadies, Picknickfläche, MTB – Parcours o. ä. ist.
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Machen Sie doch auch mit bei der Trendwende „Mehr Artenvielfalt und Schutz wertvoller Naturräume“.
Eine NABU Mitarbeit geschieht freiwillig und eine Mitgliedschaft ist nicht nötig. Sie gehören dann zu den Menschen, die wissen, dass sie Sinnhaftes leisten. Die gemeinsame Arbeit unter Gleichgesinnten ist kontaktbildend, macht viel Freude und ist in jeder Hinsicht ein gelungener Ausgleich und auch ein Workout an der frischen Luft. Der heutige Einsatz wird am nächsten Samstag fortgesetzt. Denn es ist nach wie vor noch viel zu tun, kommen Sie doch vorbei! Natur und NABU freuen sich.
Rolf Souilljee ist Leiter der Pflegeeinsätze und informiert gern. Tel 02871 184916
Exkurs: Die Dingdener Heide
Im Grenzgebiet der Kreise Wesel und Borken, somit zwischen Münsterland und Niederrhein, Dingden, Bocholt und Rhede-Büngern liegt die Dingdener Heide oder auch Büngernsche Heide. Noch im 20. Jahrhundert dehnte sich hier eine fast 500 ha große Heidelandschaft mit anmoorigen bis moorigen Teilflächen aus. Das bundesweit bedeutsame Gebiet ist heute geprägt durch ein Mosaik aus Grünland, Äckern, Kleingehölzen, Wallhecken, Laubwäldchen und Kiefernwäldern. Auch die zahlreichen Feldgehölze und Hecken machen die Region besonders als Lebensraum für mehrere gefährdete Vogelarten wertvoll, wie Kiebitz, Großer Brachvogel, Uferschnepfe und Bekassine. Daher wies das Land NRW 1987 das Gebiet großflächig als Naturschutzgebiet aus.
Warum das Gebiet überhaupt als Heide bezeichnet wird, zeigt das große gemeinsame 2000 Hektar umfassende Kulturlandschaftsprojekt Büngerner/Dingdener Heide. Die Stiftung wurde im Jahr 2000 vom NABU Nordrhein-Westfalen gegründet. Der Vorstand setzt sich
zusammen aus den Bürgermeistern der Städte Hamminkeln und Rhede sowie Vertretern des NABU. Dieses einzigartige Geschichtsprojekt einer Kulturlandschaft möchte auf ca. 2000 Hektar die Entwicklung dieser bäuerlichen Kulturlandschaft rekonstruieren und erlebbar machen. Dabei beteiligte sich der NABU frühzeitig am Ankauf von Flächen in der Dingdener Heide. Mittlerweile wurde das Naturschutzgebiet auf 370 Hektar erweitert und hiervon 40 Hektar sind in NABU-Eigentum.
Aus vogelkundlicher Sicht hat das Naturschutzgebiet landesweite Bedeutung, denn zu den im Gebiet brütenden Vogelarten gehören unter anderem Wiesenpieper, Schwarzkehlchen, Wachtel, Schafstelze, Neuntöter, Baumfalke und Steinkauz und natürlich die ganzjährig anwesenden und zahlreicher gewordenen Störche.
Die Stiftung Büngerner/Dingdener Heide kümmert sich intensiv darum, den Wasserhaushalt zu verbessern. Das ist dringend nötig, damit die Feuchtwiesen auch dann eine Zukunft haben, wenn der Klimawandel weitere Dürrejahre bringt. Nur dann werden Brachvogel und Kiebitz hier weiter überleben können.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nordrhein-Westfalen-Stiftung_Naturschutz,_Heimat-_und_Kulturpflege
https://www.natur-erleben-nrw.de/natura-2000/regionen-und-gebiete-in-nrw/details/dingdener-heide/
Fotos und Text: Norbert Osterholt