Der Industriepark soll weiter wachsen, damit sich die Wirtschaft weiter entwickeln kann. Doch wie viel Wachstum verträgt unsere Landschaft, unsere Natur und unsere Heimat noch? Was ist noch vom Mussum einstiger Zeiten übrig? Ein einst von der Landwirtschaft geprägter Ortsteil ist mittlerweile fast vollständig der Industrie und dem Straßenverkehr geopfert worden. Gewiss, das Schaffen neuer Arbeitsplätze ist ein wichtiges Ziel! Doch gegenwärtig haben wir eine de facto Vollbeschäftigung. Viele Unternehmen klagen bereits heute über den Fachkräftemangel und nicht zu besetzende freie Stellen. Nun sollen also weitere Ackerflächen und Wiesen dem Bagger und der Planierraupe geopfert werden! Es stehen alte Obstbäume auf den Flächen, einige Linden und Eichen, die weit mehr als einhundert Jahre alt sind.

Die Politiker beklagen (in Sonntagsreden) einerseits das Artensterben, das Verschwinden der Insekten und der Singvögel, den Klimawandel und die Luftverschmutzung, aber andererseits erfüllen sie dann schließlich doch die Erwartungen der Wirtschaft. Umweltschutz, das ist in den Augen vieler Politiker etwas, womit man sich beschäftigen kann, wenn die „harten politischen Interessen“ verwirklicht worden sind. Doch so einfach ist das nicht! Wir zerstören hier die Lebensgrundlagen künftiger Generationen! Wo sollen in 30, 50 oder 80 Jahren noch Getreide und Kartoffeln angebaut werden? Wo sollen Rebhühner und Feldhasen noch Zuflucht finden? Umwelt- und Naturschutz muss endlich ein elementares Ziel der Politik werden! Die Bewahrung der Schöpfung, der Artenvielfalt und damit der Lebensgrundlagen künftiger Generationen muss Vorrang haben vor kurz- oder allenfalls mittelfristigen wirtschaftlichen Interessen. Es kann kein unendliches Wachstum geben!

Wenn alle politischen Ziele dem wirtschaftlichen Wachstum untergeordnet werden, wo bleibt dann der Mensch? Dürfen wir so mit den Chancen kommender Generationen umgehen? Das ist das Diktat der Wirtschaft! Wir dürfen diesem nicht tatenlos zusehen, denn wir stehen in der Verantwortung für die Kinder und deren Kinder!

Das Roden von 43 Hektar ist das Zerstören von Lebensräumen und Heimat! Wir fordern die Kommunalpolitik dazu auf, verantwortungsvoll und mit großer Weitsicht Entscheidungen zu treffen! Wir fordern die Politik in den Kommunen, im Land und im Bund dazu auf, endlich den Flächenfraß zu beenden! Bei einer abnehmenden Bevölkerungszahl und einem demografischen Wandel einer alternden Gesellschaft mit immer mehr Rentnern ist es künftigen Generationen nicht zu erklären, weshalb wir bei immer weniger (erwerbstätigen) Menschen gleichzeitig immer weitere Naturflächen versiegelt haben.

Die Landesregierung NRW hat gesagt, dass sie künftig nachhaltig mit Flächen umgehen möchte. Dabei vergessen sie wohl, dass Flächen nicht nachwachsen und damit eine endliche Ressource sind. Eine nachhaltige Flächenpolitik würde demnach bedeuten, dass für jede neu versiegelte Fläche eine andere vergleichbare Fläche der Natur zur Verfügung gestellt werden müsste. Doch das passiert ja gerade nicht! Jeden Tag werden in NRW rund zehn Hektar versiegelt. Wir leben in einer zunehmend asphaltierten, zubetonierten Welt. Es ist kein Wunder, dass immer mehr Menschen einerseits unzufriedener werden, weil sie andererseits immer mehr ihren Bezug zur Natur verlieren.

Deshalb fordern wir als Naturschutzbund, der für die Interessen von Menschen, Tieren und Pflanzen eintritt, Folgendes:

  • Wir fordern dazu auf, sehr kritisch zu prüfen, ob die Erweiterung des Industrieparks tatsächlich in diesem Umfang notwendig ist!
  • Wir fordern die Entscheidungsträger im Rat und der Verwaltung auf, die Flächen so zu vergeben und das Zuschneiden der Parzellen so zu planen, dass die alten Bäume ungestört stehen bleiben können.
  • Wir fordern dazu auf, dass die Verwaltungsgebäude auf die Produktionshallen der Firmen gesetzt werden müssen, um somit Flächen zu sparen.
  • Wir fordern dazu auf, dass die Dachflächen der neuen Gebäude zu begrünen sind!
  • Wir fordern dazu auf, dass die Fassaden der neuen Gebäude zu begrünen sind!
  • Wir fordern dazu auf, dass für jeden gefällten Baum zehn junge Bäume gepflanzt werden, denn nur zwei, drei junge Bäume werden das Alter des alten Baumes erreichen. Die jungen Bäume sollen zudem den entstandenen ökologischen Schaden durch das Töten des alten Baumes einigermaßen kompensieren.
  • Wir fordern dazu auf, dass neue Hecken gepflanzt werden, die keinerlei Nutzungsinteressen unterliegen!
  • Wir fordern dazu auf, dass trotz der massiven Eingreife, der Laaker Bach später einen höheren ökologischen Wert hat als gegenwärtig!
  • Wir fordern dazu auf, dass künftig ein Flächenmanagement festgeschrieben wird, das derartige Eingriffe in die Natur und die Gestaltung der Heimat nicht mehr zulässt, sondern dass durch intelligente Maßnahmen Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden.
  • Wir fordern dazu auf, dass sich benachbarte Kommunen nicht in Konkurrenz die Unternehmen gegenseitig abwerben und dabei ökologische Aspekte völlig vernachlässigen, sondern dass sie gemeinsam mit den Unternehmen, der Landwirtschaft und dem Naturschutz nach Möglichkeiten suchen und diese zusammen entwickeln.
  • Wir fordern die Politik dazu auf, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen als ein ganz elementares Ziel festzuschreiben!

 

Im Namen vom NABU-Kreisverband Borken e. V.

Rudolf Souilljee, (Kreisvorsitzender)

Michael Kempkes, (stellvertretender Kreisvorsitzender)

 

Hinweis: Hier geht es zur Aufstellung des Bebauungsplanes 8-21, IP Mussum Stadt Bocholt

Grafik: Auszug aus der DGK5 © Kreis Borken