Wohl kein anderes Tier muss den Jäger so sehr fürchten wie der Fuchs. Fast eine halbe Million dieser schönen Tiere werden jährlich in Deutschland getötet und weggeworfen, über 2.000 sind es laut den Jahresberichten der Kreis-Jägerschaft alljährlich allein im Kreis Borken.
Vor vier Wochen reichte der NABU-Kreisverband eine Aufklärung und kritische Stellungnahme zur Fuchsjagd zwecks Veröffentlichung bei den im Kreis Borken erscheinenden Tageszeitungen ein. Bis zum heutigen Tag erfolgte keine Veröffentlichung, von einem Teil der Redaktionen kam auch nach mehrfacher Nachfrage keine Rückmeldung. Lediglich das BBV (Bocholter-Borkener Volksblatt) hat jetzt zugesagt, sich des Themas anzunehmen.
Die Stellungnahme im Original, so wie sie an die Redaktionen der Tageszeitungen geschickt wurde, können Sie nachfolgend lesen:
Harter Winter für Füchse
Wie oft, lieber Leser, haben Sie im hiesigen Raum einen Fuchs gesehen? Vermutlich nicht allzu oft. Füchse sind zwar zahlreicher als ihr äußerst seltener Anblick es vermuten lassen würde, aber so häufig wie viele Jäger es schildern sind sie mit Sicherheit nicht. Warum sieht man die Füchse so selten? Die Frage lässt sich leicht beantworten: Sie sind immer auf der Hut, immer auf der Flucht, müssen sich permanent vor dem Jäger verstecken. Täten sie dies nicht und wären sie nicht so intelligent und anpassungsfähig, dann wären sie hierzulande vermutlich ausgerottet. Kaum ein Nicht-Jäger weiß und kann sich vorstellen, mit welcher Härte und Brutalität Füchse „bejagt“ werden:
Junge Füchse dürfen in Nordrhein-Westfalen ganzjährig gejagt werden, erwachsene von Mitte Juli bis Ende Februar. Füchse werden bei Treibjagden geschossen. Sie werden in Fallen gefangen, erlaubt sind dabei sowohl Lebendfallen als auch bestimmte Formen von Totschlagfallen. Sie werden bei der Ansitzjagd (vom Hochsitz aus) geschossen, dabei werden in Schussweite zum Hochsitz gern „Luderplätze“ angelegt, wo die Füchse mit Fleischresten, Schlachtabfällen oder ähnlichem vor die Flinte gelockt werden. Sie werden durch speziell trainierte Hunde (meist Dackel oder kleinere Terrier) aus dem Bau getrieben und bei der Flucht erschossen („Baujagd“), dazu werden Kunstbaue eigens für die Tötung von Füchsen angelegt. Junge Füchse (Welpen) werden (legal!) beim Spielen vor dem Bau geschossen.
Jetzt während der winterlichen Paarungszeit („Ranzzeit“) werden die Füchse ganz besonders stark unter Druck gesetzt. Neben Ansitzjagd bei Mondschein findet nun vor allem die Baujagd statt, da sich die Füchse in dieser Jahreszeit häufig tagsüber in den Bauen aufhalten. Die Hunde werden zuvor in sogenannten „Schliefanlagen“ am lebenden Fuchs (!) trainiert. Sie sind dort zwar durch ein Gitter vom Fuchs getrennt und können diesen somit nicht körperlich verletzen, aber der Fuchs erlebt ein Leben in Gefangenschaft als Trainingsobjekt unter Todesangst. Eine solche Anlage befindet sich am Rand des Burlo-Vardingholter Venn.
Jeder Hundehalter weiß, dass Hunde empfindsame Wesen sind. Dies gilt ebenso für die Füchse, die zu den Hundeartigen gehören und den Hunden in ihrer Sensibilität sehr ähnlich sind. Die Füchse führen ein Leben in ständiger Angst. Über 2.000 von ihnen werden jährlich allein im Kreis Borken von Jägern geschossen, etwa 450.000 pro Jahr sind es in ganz Deutschland.
Jäger behaupten, dass ein Ende der Fuchsjagd katastrophale Auswirkungen für Bodenbrüter und andere Tiere hätte. Fakt ist aber: Sie wissen es nicht, denn der Fuchs wird im hiesigen Raum seit Jahrhunderten durchgängig bejagt. In Gebieten ohne Fuchsjagd wie dem Schweizer Kanton Genf und dem Land Luxemburg reguliert sich der Fuchsbestand selbst durch soziale Interaktionen. Füchse leben in komplexen Sozialsystemen, in denen sich nur ein Teil der Weibchen (Fähen) fortpflanzt. Dieses Sozialsystem und damit die interne Geburtenkontrolle wird durch die Jagd stetig zerstört.
Füchse sind effiziente Mäusejäger, ein Fuchs fängt etwa 3.000 bis 5.000 Mäuse im Jahr und leistet der Forst- und Landwirtschaft damit große Dienste. Zudem tragen Füchse durch das Vertilgen von Kadavern und durch das Erbeuten kranker Tiere (z. B. Kaninchen mit Myxomatose und Hasen mit Tularämie) zur Gesundheit der Niederwildbestände bei.
Der Fortbestand des Fuchses ist nicht gefährdet, aktive Schutzmaßnahmen sind nicht notwendig. Lassen wir ihn doch einfach in Ruhe und ersparen ihm das sinnlose Leiden und Sterben, das er schon so lange erdulden muss. Der Fuchs würde einen Teil seiner Scheu verlieren und wir könnten dieses wunderschöne Wildtier häufig sehen und erleben – so wie bereits heute in Gebieten ohne Fuchsjagd.
Dr. Martin Steverding